Das neue Chorgestühl unserer Pfarrkirche

Den Idealen der Urgemeinde in Jerusalem folgend (Apg 2,42), heiligt und strukturiert die Kirche den Alltag durch mehrmaliges Gebet („Stundengebet“). Die Priester tun das stellvertretend für ihre Gemeinden heute meist im Privaten mit dem so genannten Breviergebet. In Klostergemeinschaften und manchmal auch in städtischen Pfarren geschieht dies in Form des gemeinschaftlichen Chorgebetes. Meist sind es heute vier Gebetszeiten, die miteinander gehalten werden: die Laudes ("Lobgesänge") am Morgen, die Mittagshore, die Vesper am Abend und die Komplet vor der Nachtruhe. In den Kloster- und Stiftskirchen wurden zu diesem Zweck eigene Orte geschaffen, wo sich das Chorgebet vollziehen kann. Entsprechend den einzelnen Elementen (Psalmengebet, Hymnen, Lesungen usw.) können die Mönche, Nonnen bzw. Priester in einer Bank stehen, sitzen und knien: im Chorgestühl.

Nach den Zerstörungen des II. Weltkrieges gestaltete der Halleiner Bildhauer Jakob Adlhart 1958/59 für den Salzburger Dom ein neues Chorgestühl, das 2005 verkleinert wurde. Daher wurden die Frontreliefs 2007 (wie schon vorher der Volksaltar) der Pfarrkirche Saalfelden überlassen. Die Langhausfiguren, der Altar und die 2011 in ein neues Chorgestühl eingefügten Reliefs bilden nun ein künstlerisches Ensemble aus der Hand Adlharts.

Den Relief-Darstellungen liegt der Lobgesang der drei Jünglinge im Feuerofen (Dan 3, 57-90) zugrunde. Drei der in Babylon gefangenen Juden (6. Jhdt. v. Chr.) wurden wegen ihres Festhaltens am Glauben darin gefoltert, ohne Schaden zu nehmen. So stimmten sie einen Gesang an, der alle Welt mit ihren Erscheinungen zum Lob Gottes auffordert.

Auf der rechten Seite sind daher in sechs Feldern zu sehen: die übersinnliche Welt der Engel, die durch Gottes Schöpferhand gewordene Erde mit Wasserfirmament und Festland, weiters die Gestirne, die Pflanzen, die Vögel, die Fische im Wasser und zuletzt die Landtiere. In dieser Abfolge klingt auch das Sechstage-Werk Gottes entsprechend dem Schöpfungshymnus in Gen 1 an.

Die linke Seite zeigt das Lob Gottes durch die Menschheit – auch hier in einer geschichtlichen Abfolge: Auf das erste Menschenpaar folgen die Vertreter des Alten Bundes und dann die drei aus dem Feuerofen befreiten Jünglinge. An der Schnittstelle zum Neuen Testament steht Maria, das große Vorbild im Gebet, mit dem Beginn des „Magnifikat“ aus ihrem Mund, das die Großtaten Gottes rühmt: „Meine Seele preist die Größe des Herrn …“.

Die folgenden Reliefplatten zeigen uns die Apostel, sodann einen Papst und einen Bischof (gemeint sind wohl Pius XII. und Erzbischof Rohracher) als Vertreter der kirchlichen Stände. Zuletzt ist die Kirche in der Vollendung dargestellt, die Heiligen im Himmel: Rupert, Sebastian, Erentrudis, Notburga.
Die Engelschöre an beiden Fronten sollen die Welt anleiten, in das Lob Gottes einzustimmen.

Text: Herbert Berndl