Weißer Sonntag: Impulse zum Bibeltext


"Grüß Gott"
zum 2. Sonntag der Osterzeit („Weißer Sonntag“)




Bild: M. Innerhofer (Weißer Sonntag - Joh 20, 19 -31)


Zeugen der Auferstehung

Wir sind Zeugen der Auferstehung.
In diesen Tagen der Ungewissheit.
In diesen Tagen der Angst.

Wir sind  Zeugen der Auferstehung,
wenn wir trotz allem den Mut in uns spüren,
wenn wir trotz allem zuversichtlich sind,
wenn wir trotz allem Nähe erfahren.

Doch erst im Zweifel sind wir wahre Zeugen der Auferstehung.
Wir lernen Vertrauen und legen es in deine Hände,
unser Leben - uns geschenkt.
Immer wieder neu,
Schritt für Schritt
und mit bebendem Herzen -
„Hinein ins Leben!“


Magdalena Innerhofer, Religionslehrerin



Verbundenheit mit dem Auferstandenen – Herausforderung und rettender Zuspruch

zu den Lesungen:
aus der Apostelgeschichte (2,42-47: Das Leben der Urgemeinde in Jerusalem)
aus dem Buch der Psalmen (118,2.4.14-15.22-23.24.28: Dank dem befreienden Gott)
aus dem ersten Petrus-Brief (1,3-9: Hoffnung – Rettung – Herrlichkeit des Himmels)
aus dem Evangelium nach Johannes (20,19-31: Der Auferstandene und der zweifelnde Thomas)

Papst Gregor der Große hat als „Biograph“ des hl. Benedikt diesen so charakterisiert: mit den Füßen am Boden, den Kopf aber im Himmel.
Das ist doch ein Programm für alle Christgläubigen!?
Nicht abgehoben sein; bei den Menschen sein; wissen, was uns trägt, und darauf vertrauen – die Füße am Boden haben.
Uns zugleich nach der Sonne ausrichten; Überblick haben; die irdischen Beschwernisse gelassen(er) nehmen oder gar hinter uns lassen; wissen, wer uns trägt, und auf IHN vertrauen – mit Kopf (und Herz) im Himmel sein.

Das Gleiche gilt für die Kirche als Ganzes. Und da sollten wir gar nicht an die alten Bilder von der „streitenden (=ringenden) Kirche“ (auf Erden) und der „triumphierenden (=erlöst jubelnden) Kirche“ (im Himmel) denken, auch wenn sie in so mancher Barockkirche in künstlerisch hoher Qualität bis heute so zu bewundern sind.
Nein, sehen wir es ganz prosaisch: Kirche auf dem Erdboden stehend, ist die Kirche, die wir erleben, die aufgebaut ist aus lebendigen Bausteinen, die im Hier und Jetzt existiert und wirkt, in der es auch (manchmal leider allzusehr) „menschelt“; eine Kirche, die aber auf dem Fundament der Apostel und letztlich des Auferstandenen steht. Daran erinnert uns die heutige erste Lesung. Sie schildert das Leben der Urgemeinde in Jerusalem in knappen, prägnanten Worten; und dabei können wir erkennen: das ist unsere Kirche!
Wie oder woran können wir das erkennen?
Seit Alters her wird Kirche als ein Gebilde charakterisiert, das vor allem in vier Bereichen agiert, den so genannten „Grundvollzügen“: Verkündigung bzw. Zeugnis-Geben, Liturgie, Diakonie bzw. helfendes Handeln an den Mitmenschen und Gemeinschaft.
In der Apostelgeschichte klingt das so:
*  die Gläubigen halten sich an die Lehre der Apostel, ihre überzeugende Botschaft vom Gekreuzigten, der auferstanden ist, und an ihr überzeugendes Handeln („Wunder und Zeichen“) – so geschieht Verkündigung!
*  die jungen Christen pflegen ein intensives Gebetsleben, entsprechend ihren jüdischen Wurzeln, und feiern - dem Auftrag Jesu gemäß – das Herrenmahl („Brotbrechen“) – sie feiern Liturgie!
*  sie schauen, dass jeder das zum Leben Nötige hat (vgl. auch Apg 6,1-7), sie teilen, ja sie haben volle Gütergemeinschaft – das ist diakonisches, also dienendes Handeln!
*  sie halten zusammen, pflegen einen offenen, ehrlichen Umgang miteinander („Lauterkeit des Herzens“) und integrieren neue Jesus-Gläubige – so sieht eine gute Gemeinschaft aus!
Ja, man spürt die Begeisterung des Anfangs, die „Message“, die verkündet wird, die praktikable Form der Umsetzung (bis heute!), die Füße am Boden – und worauf letztlich alles hinausläuft: auf die Rettung, die in Christus bereits aufgeleuchtet ist.


In die gleiche Richtung zielt die zweite Lesung. Auch dort geht es um Rettung. Was meint Rettung? Ich verstehe darunter: dass mein Leben gelingt, dass das Übel nicht so nahe an mich rankommt, dass ich nicht alles allein und mit eigenen Kräften meistern muss, dass ich aufrecht (be-)stehen kann, dass ich angenommen und aufgehoben bin (bei IHM). Jesus hat diese Perspektiven mit seinem konsequenten Handeln für uns – für mich – geöffnet.
Der Petrusbrief beschreibt das mit einer Neuschöpfung aus der Auferstehung Jesu und mit anderen feierlichen Worten: Erbe, Freude, Herrlichkeit – das ist ein Blick in den Himmel, wie er uns Christen gut ansteht.

Von Rettung spricht auch der Psalm 118, der die Osterzeit prägt, weil so vieles dort angesprochen und ausgesprochen wird, was wir als Voraussage auf Jesus und seine Auferstehung deuten können: dem Tod schicksalhaft nahe und doch lebendig, von vielen Seiten bedroht, aber von Gott befreit mit der Gewissheit, bei ihm geborgen, gut aufgehoben zu sein – so wie das auch das Volk Israel am Schilfmeer erlebt hat. Der Psalm bringt Dank und Lob auf die Huld (=Zuwendung) Gottes zum Ausdruck.

Dass der Weg zum gläubigen Annehmen der Auferstehungs-Botschaft, zum Zeugnis-Geben auf Erden, zum Aufstreben in himmlische Herrlichkeit keine „g’mahde Wies’n“ ist, davon erzählt das Evangelium …


Herbert Berndl, Pastoralassistent 


» Eine Art Ostern «
zum Evangelium nach Johannes 20,19-31

»Bleib‘ zu Hause. Schau auf dich.« Nicht (!) am Sonntag in die Kirche gehen – wegen Corona-Erlaß, mit dem Segen der kirchlichen Obrigkeit! Eine Art Ostern?
Auch damals waren die Türen verschlossen. Angst und Furcht bestimmten die Tage. 
Die sichtbare Katastrophe des Karfreitags wie die unsichtbare des Covid-Virus lösen dasselbe aus: Angst um das Leben, Furcht vor der ungewissen Zukunft.
Wo ist Licht, wo Rettung?
Johannes erzählt: Sie waren (hinter verschlossenen Türen) beisammen. Abgeschottet. Isoliert – aber: in Gemeinschaft. Diese kann zum Schauplatz des Auferstandenen werden. Sein Gruß «Schalom» bedeutet «gelingendes Leben». Friede ist mehr als Waffenstillstand: Friede ist Aufatmen, geborgen sein, mit verwundetem Leben ans Ziel gelangen. Entgegen jeder (religiösen) Eigenbrötelei, die die eigene Seele zu retten sucht.
"Wer mitmacht, erlebt Kirche, begegnet dem Auferstandenen." Deshalb wächst die Sehnsucht, den Sonntag wieder in größerer Gemeinschaft feiern zu dürfen.
Davon erzählt auch der "Hauptdarsteller" des Evangeliums am Weißen Sonntag:
"Acht Tage darauf waren sie wieder drinnen versammelt – und Thomas war dabei." Thomas, der "Zwilling". Die Schriften nennen keinen leiblichen Bruder – oder war es eine Schwester? Manche meinen daher, Jesus habe ihn "Zwilling" genannt, weil er ihm so ähnlich gewesen sei.
Thomas, der Freund und Begleiter. Als Jesus sich auf den Weg zum verstorbenen Lazarus von Betanien macht, sagt er: "Gehen wir mit Jesus und sterben wir mit ihm." (Joh 11,16)
Als Jesus den Abschied vorbereitet, um zum Vater zu gehen, ist es Thomas, der fragt: "Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir den Weg kennen?" Thomas ist ein Suchender, der die Wirklichkeit hinterfragt. Seiner Frage verdanken wir eines der sieben "Ich-bin-Worte" Jesu: "Ich bin Weg und Wahrheit und Leben." (Joh 14,6)
Schließlich ist Thomas der Patron aller, die sich schwertun mit "Auferstehung". Er sucht nach der handgreiflichen Bestätigung. Dann spricht er das Glaubensbekenntnis: "Mein Herr und mein Gott!" Aber der Verstand und das Begreifen ist nicht der Weisheit letzter Schluss: "Selig, die nicht sehen und doch glauben." (Joh 20,29)
Noch ist uns zur Zeit aufgetragen, auf Abstand zu gehen, uns und andere zu schützen. Doch wo es möglich ist – in der Familie, im kleinen Umfeld – suchen wir die Begegnung mit dem Auferstandenen: betend, singend, und wenn wir uns miteinander zu Tisch begeben.

»»Gott, du bist da. Deine Gegenwart umhüllt uns wie die Luft die wir atmen, ohne die wir nicht leben können. Gib, dass wir dir vertrauen und leben ohne Angst. (Meßbuch)

Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaft auferstanden.

Hans Steinwender, priesterlicher Mitarbeiter