Karfreitag: Impulse zum Bibeltext


"Grüß Gott"
zum Karfreitag




Bild: M. Innerhofer (Karfreitag)



In deine Hände lege ich meine Hände,

damit sie lernen, so zu handeln, wie du.

In deine Hände lege ich meine Schritte,

damit ich meinen Weg finde, ohne Angst.

In deine Hände lege ich mein Handeln,

damit ich für andere Menschen da sein kann.

In deine Hände lege ich meine Gedanken,

damit ich nie über andere urteile.

In deine Hände lege ich meinen Geist,

damit ich die Gegenwart Gottes in meinem Leben spüre.

In deine Hände lege ich mein Herz,

damit ich deine Liebe spüre.


Magdalena Innerhofer, Religionslehrerin




Zu den Lesungen:
aus dem Buch Jesaja (Jes 52,13-53,12: Das Leiden, das Sterben und die Erhöhung des Gottesknechtes),
aus dem Buch der Psalmen (Ps 31,2.6,12-13,15-17.23: Gebet um Gottes Beistand und Bekenntnis des Vertrauens in Gottes Hilfe),
aus dem Brief an die Hebräer (Hebr 4,14-16;5,7-9: Jesus, der Hohepriester, ist durch Leiden zur Vollendung gelangt),
aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 18,1-19.42: Passionserzählung)


Wir begehen heute den Karfreitag und gedenken des Sterbens und des Kreuzestodes unseres Herrn Jesus Christus.

Die erste Lesung aus dem Buch Jesaja führt uns das Schicksal des „Gottesknechtes“ vor Augen. Der Textabschnitt beginnt mit einer großen Verheißung Gottes über seinen Knecht, die die Darstellung einer weiteren Erfolgsgeschichte erwarten lässt. Dieser Erfolg, wie auch die Gestalt des „Gottesknechtes“, werden durch die nachfolgenden Verse noch geheimnisvoller gemacht: Denn einerseits wird der „Gottesknecht“ als einer beschrieben, der körperlich derart entstellt ist, dass er „nicht mehr wie ein Mensch“ (Jes 52,14) aussieht und daher bei vielen Entsetzen auslöst, andererseits soll ausgerechnet er viele Völker und Könige zum Staunen und zur Erkenntnis einer bislang nie erfahrenen Wahrheit bringen.

Doch bevor die Ursache für jenes übergreifende Staunen genannt wird, folgen weitere Beschreibungen des „Gottesknechtes“: Da er „keine schöne und edle Gestalt“ (Jes 52,2) aufweist, finden die ihn Umgebenden keinen Gefallen an ihm. Von den Menschen nicht wertgeschätzt, wird er verachtet und gemieden. Schmerzen und Krankheit sind ihm nicht fremd. Vers für Vers vermehren sich die Leiden und die Lasten, die der “Gottesknecht“ trägt. Zugleich wird wiederholt betont, dass er sie in Stellvertretung für andere Menschen erleidet und trägt.

Und gerade das Geschilderte ist der Grund für jenes übermächtige Staunen: Dass der „Gottesknecht“ für andere ein solches Leidensschicksal auf sich nimmt. Dass er zudem auf die brutale Gewalt, die ihm angetan wird, absolut gewaltlos reagiert und zuletzt - stellvertretend für andere - sowohl den gewaltsamen Tod als auch ein Grab bei den Verbrechern auf sich nimmt.

An dieser Stelle schließt der Text jedoch nicht ab. Er lenkt vielmehr den Blick auf Gottes weiteres Handeln an seinem Knecht: Er hat Gefallen an ihm, rettet ihn, „der sein Leben als Sühnopfer hingab“ (Jes 52,10) und schenkt ihm langes Leben. Der „Gottesknecht“ erblickt das Licht. Er wird hoch erhoben. Die einst Ungerechten, für die er stellvertretend eintrat, sind durch sein Handeln vor Gottes Augen gerecht gemacht. Die eingangs stehende Verheißung über den „Gottesknecht“ findet dadurch Erfüllung: Nicht Schuld und Tod, sondern Gott mit seiner Gabe des Lebens und des Lichtes hat das letzte Wort.


Der Antwortpsalm stellt ein thematisches Bindeglied zwischen erster und zweiter Lesung dar, indem er das eindringliche Flehen eine Beters um Gottes Beistand zu Gehör bringt, das sich mit Bekenntnissen seines tiefen Vertrauens in Gottes baldige Hilfe abwechselt und schlussendlich in den Aufruf anderer mündet, auch in der Not „stark und unverzagt“ auf das Eingreifen Gottes zu warten.


Die zweite Lesung führt uns Jesus, als den Hohepriester vor Augen. Seine Darstellung ist kontrastreich: Auf der einen Seiten wird Jesu Hoheit betont. Er ist der, der „die Himmel“ - den Bereich Gottes - „durchschritten“ (Hebr 4,14) hat. Dies ist in besonderer Weise durch seine Auferweckung und Himmelfahrt erfolgt. Er, der Sohn Gottes, stammt von Gott und gehört zu ihm. Auf der anderen Seite hebt der Textabschnitt das wahre Menschsein Jesu hervor. Er, der menschgewordene Gottessohn ist es, der mitfühlen kann mit unserer Schwäche. Denn auch er wurde versucht (Mt 4,1-11 u.a.). Er wurde uns Menschen in allem gleich, außer in dem, dass er ohne Sünde blieb. Aus diesem Grund, so ermutigt der Schreiber des Briefes, dürfen wir Menschen furchtlos mit allen unseren Anliegen vor Jesus treten, um im Vertrauen auf seinen Beistand mit Erbarmen und Liebe beschenkt, von ihm Hilfe zu erfahren.

Denn Jesus, obwohl er Gottes Sohn war, war keiner, dem Leid fremd war. Jesus kannte Verlassenheit, Angst und Schmerz, nicht zuletzt im Garten Getsemani. In diesen Stunden äußerster Not wandte er sich mit „Gebet und Bitten“ (Hebr 5,7) an seinen Vater, voll tiefen Vertrauens in dessen wirkmächtigen Beistand. Und er erfuhr Gottes Hilfe, wenn auch nicht in der Beendigung seines Leidens. Von Menschen verachtet, durch Folter gequält und entstellt, blieb Jesus letztendlich selbst der schmachvollen Tod am Kreuz nicht erspart. Selbst unschuldig, nahm er ihn geduldig an - in Stellvertretung für die Sünden anderer. Selbst unschuldig, wehrt er sich nicht gegen Anfeindungen, Schläge, Schmach und Schande, sondern blieb gehorsam gegenüber Gottes Willen im Vertrauen auf dessen Ratschluss und Hilfe (vgl. Mk 15,16-32 u. a.).
Durch sein Leiden lernte er das Hören auf Gott. Sein liebender Gehorsam machte ihn jedoch nicht klein und unfrei. Vielmehr: durch seinen Gehorsam bis zum Tod am Kreuz wurde er zum „Urheber des ewigen Heils“ (Hebr 5,9). Denn Gott fand Gefallen an ihm und ließ ihn nicht im Grab, sondern erweckte ihn von den Toten zur Vollendung in seiner Herrlichkeit.

Und der Text sagt weiter: Auch denen, die auf Jesus hören, ist durch sein Handeln ebenfalls ewiges Heil verheißen. Denn indem Jesus gehorsam war bis in den Tod, hat er es seinem Vater ermöglicht, unüberbietbar wirkmächtig zu zeigen, dass Sünde und Tod nicht das letzte Wort haben, sondern er, Gott selbst - und damit das Leben.
In seiner durchgehaltenen Treue zu Gott ist Jesus aber zugleich auch Vorbild für uns und Zeuge dafür, dass es nicht vergeblich ist, auch in Leiden und Not den Glauben an und das Vertrauen in Gott, unseren Vater, nicht aufzugeben, sondern vertrauend und hoffend sein Eingreifen zu erwarten.

Als nachösterliche Menschen können wir, den Textabschnitt der ersten Lesung auf Christus Jesus hin deutend sagen, dass das, was dort im Buch Jesaja über die Figur des „Gottesknechts“, geschrieben wurde, in Jesus Christus einmalige Vollendung gefunden hat. Denn durch Jesu stellvertretendes Leiden und Sterben am Kreuz und seine glorreiche Auferweckung und Vollendung durch Gott, ist die Menschheit von Schuld und Tod erlöst. Vor diesem Hintergrund können wir das, was vor Ostern nicht möglich war, heute im Gedenken des Sterbens und des Kreuzestodes unseres Herrn Jesus Christus voll Dankbarkeit und mit Lobpreis bekennen: Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Hoffnung, im Kreuz ist Leben.

Christina A. Reichel, Pastoralpraktikantin



Karfreitag – nicht wegschauen, sondern hinschauen

Die Passion nach Johannes erzählt uns das Leiden Jesu. Es wird die Brutalität und Grausamkeit spürbar, die Einsamkeit im Leiden, die Schmerzen, die Ohnmacht, das Gefühl der Gottverlassenheit…bis letztendlich zum „Es ist vollbracht!“
Das ist die Zumutung des Karfreitags. Das ist die Zumutung des christlichen Glaubens.
Jesus ist wirklich gestorben, genauso grausam und wirklich wie Tag für Tag Menschen in unserer Welt sterben, umkommen vor Hunger oder durch schwere Krankheiten, umgebracht werden aus Habgier, Eifersucht, Hass; genauso wie Menschen aus politischen oder religiösen Gründen gefoltert und gequält werden….Jesu Leiden und Tod sind genauso wirklich und grausam wie die  Leiden und der Tod unzähliger Menschen heute.
Angesichts all der Krisen heute haben wir dennoch guten Grund, die Hoffnung nicht zu verlieren. Diese Hoffnung liegt begründet in Jesus, menschgewordener Gott.
Unser Hinschauen auf diesen Abschnitt im Leben Jesu, unser Innehalten zur Todesstunde macht uns die Nähe dieses Gottes zu uns Menschen ganz bewusst. Damit halten wir auch durch, wenn uns Leid und Schmerz zuinnerst aufwühlen. Wir beugen uns hin zu dem, der selbst die Last getragen hat, zu Jesus Christus, und legen alles hin, was uns am Herzen liegt. Wir werfen es ihm nicht vor die Füße, denn wir bringen das zu ihm, was zu unserem Leben gehört. Es ist wertvoll, das, was uns Freude bereitet, denn es stützt das Leben. Es ist wertvoll, das, was wir als Leid, Traurigkeit und Schmerz erfahren, denn gerade da ist die Verbundenheit besonders zu spüren. Wir schauen auf das Kreuz, denn es zieht unseren Blick zum Himmel, zu Gott selbst und erinnert zugleich an unseren Platz in dieser Welt, in unseren Familien in unseren Verantwortungen und lässt auch die Sehnsucht zu nach Geborgenheit unter uns Menschen und zeichnet doch auch ein Plus über uns und führt uns letztlich zum Ostermorgen.
Karfreitag – nicht wegschauen vom Kreuz, sondern hinschauen zum Kreuz, denn es begleitet unser Leben mit Kraft und Weisheit, mit Hoffnung und Zuversicht, dass das Licht jegliche Finsternis verdrängen wird.

Alois Moser, Pfarrer