Vor über 200 Jahren vernichtete ein Brand den Markt Saalfelden

Die Franzosenkriege bescherten den Salzburgern schlimme Zeiten. Kämpfe gegen die Franzosen und ihre Verbündeten forderten einen ansehnlichen Blutzoll; hohe Kriegskontributionen (Zahlungen an die Sieger) saugten das Land aus, und dazu kam die politische Unsicherheit: Nach der Säkularisierung des Erzstiftes Salzburg, 1803, kam als neuer Landesherr der Bruder des österreichischen Kaisers, Großherzog Ferdinand von Toskana. Von 1806 bis 1809 war Salzburg eine Provinz des Kaiserreiches Österreich. 1809 besetzten die Franzosen Salzburg, das hierauf von 1810 bis 1816 zum Königreich Bayern gehörte. Der letzte geistliche Landesherr, Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo (seit 1772), flüchtete bereits 1800 beim Herannahen der Franzosen mit der Staatskasse und Kunstschätzen nach Wien, wo er 1812 verstarb. Nur die kirchlichen Kunstschätze kamen wieder nach Salzburg zurück. In dieser unheilvollen Zeit, 1811, also vor über 200 Jahren, wurde der Markt Saalfelden von einem verheerenden Brand heimgesucht. 108 Häuser wurden ein Raub der Flammen, an die 900 Personen wurden innerhalb weniger Stunden obdachlos! An das schreckliche Ereignis soll dieser Beitrag erinnern.

Dechant Joseph Mayr (1794 – 1828, +1832) berichtete darüber Erzbischof Hieronymus Colloredo nach Wien:

 


Euer Hochfürstliche Gnaden, Hochwürdigster Erzbischof, Gnädiger Ordinarius
Von Höchst dero angestammten Milde überzeuget und aufgemuntert waget es Unterzeichneter Euer Hochfürstlichen Gnaden die bedrängnißvolle Lage, worin sich der Markt Saalfelden im Pinzgäu mit der Pfarr- und der heiligen Geist-Kirche beym Spitale daselbst nunmehr befindet, in tiefester Ehrfurcht vorzutragen.

Mit Entsetzen und vom Schrecken betäubt mussten die Bürger und Einwohner des erstgemeldten Marktes sehen, wie am 29ten July d. J. um 3/4tl auf 2 Uhr Nachmittags neben der Behausung des Unterbräuers dahier, unwissend wie, eine Feuersbrunst entstand; wie sich diese mit unglaublicher Geschwindigkeit über die von der Sommerhitze ausgedörrten Dächer, dann halbe und ganz hölzerne Häuser verbreitete; wie sie eher, als mans vermuthen konnte, die Pfarrkirche mit den nebenstehenden Gebäuden ergriff und durch einen Wirbelwind bald auf diese, bald auf jene Seite hingetrieben binnen 2 ½ Stunden 108 Häuser, die 2 Kirchen mit eingerechnet, in Flammen setzte.

Im Anfange dieser erschrecklichen Feuersbrunst befanden sich äußerst wenige Personen inner dem Markte, die mehresten davon waren außer demselben bey der Feldarbeit beschäftiget und kamen durch das Sturmläuten herbeygerufen dann erst zu Hilfe, da das Feuer und dessen Hitze zu sehr überhand genommen hatte und jede Löschanstalt vergeblich war. Sie konnten dennoch mehr nicht thun, als Fahrnisse bald mehrer, bald wenigere, itzt keine aus einigen Häusern retten, wovon aber noch viele so wie mehrere Feldstädl und Getreidehifler auf dem freyen Felde verbrannten; und so waren selbst Bauernhäuser und Dörfer, welche eine halbe Stund weit vom Markte entfernet waren, wegen der vom Winde dahin getriebenen feurigen Brände in größter Gefahr.

Unter diesen so schnell, als verheerend an jedem Augenblicke weiter fortschreittenden Flammen war die Dachung der Pfarrkirche in wenigen Minuten nicht mehr; der Kirchthurm mit den geschmolzenen Glocken, die Sacristey und zwey Kirchengewölbe, das eine ober dem Hochaltare, das andere aber im Schiffe der Kirche zur Evangeliums-Seite, stürzten ein, ein drittes Kirchengewölb zur Epistlseite wurde bis zum unvermeidlichen Einsturz beschädiget, und alle Altäre, Bethstühle, der Taufstein und die Kanzl, kurz: alle Geräthschaften, welche in der Kirche und in der Sacristey noch vorhanden waren, wurden ein Raub der Flammen.

Auch die Dechants-Behausung, wohin der benennende Kirchthurm stürzte, wurde mit Ausnahme der Hauptmauern bis auf den Grund verwüstet und mit Schutt angefüllt.

Ein gleiches Schiksal hatte die kleine heil. Geist Kirche beym Spitale, nur mit dem Unterschiede, dass die Gewölbe der Kirche und der Sacristey verschonet blieben.

Bey so bedrängnißvollen Umständen müssen nun die Gottesdienste in der kleinen Schlosskapelle zu Dorfheim gehalten werden, wo zugleich das Hochwürdigste Gut aufbewahret wird; wo aber nur 40 – 50 Personen Platz finden, da doch die Pfarrsgemeinde in 3300 Seelen bestehet.

Sehnlichst wünschet daher die Gemeinde, dass doch die Pfarrkirche wenigstens der unausweichlichen Bedürfniß nach zur Haltung der Gottesdienste bis auf den Winter hergestellt werden möchte; wozu aber noch gar keine Anstalt getroffen, noch minder etwas zum Zwecke dienliches unternommen worden ist; und so ist noch alles in dem Stande, in welchem es die Feuersbrunst zurück gelassen hat.

Das Traurigste ist dabey noch dieses, dass die Gotteshäuser durch die Kriegslasten und andere Ausgaben an ihren Mitteln ganz erschöpfet sind und dass sie nicht einmal die Zinse, noch minder die Kapitalien, wenn sie aufgekündet werden, einbringen können; sohin außer Stand sind, die Bautenführungen zu übernehmen und derselben Kosten zu bestreiten.

Nicht minder arm sind die Gemeinden, welche die schuldigen Reichnisse entweder nur kümmerlich oder gar nicht abführen können; und so läßt sich auch von ihnen mehr nicht als freywillige Pferd- und Handschichten hoffen.

In dieser betrübtesten Lage erinnert sich die hiesige Pfarrsgemeinde so wie ich Unterzeichneter an die Höchstbeglückten Regierungs-Jahre Seiner Hochfürstlichen Gnaden, an die so zahlreichen als großmüthigsten Unterstützungen, womit höchstdieselben den Verunglückten allzeit zu Hilfe eilten, und an die Höchste Gnade Hochwelche uns zugleich hienieden den angenehmsten Trost verschaffet, an Seine Hochfürstlichen Gnaden Unsern Hochwürdigsten Erzbischofen und Gnädigsten Ordinarius itzt und noch sehr viele Jahre in tiefester Ehrfurcht verehren und uns Höchstderselben Schaafe nennen zu dürfen.

Diese vom innigsten Dankgefühl immer gleich belebte Erinnerung enthält die Gründe, womit ich mich zu Höchst Dero geheiligten Thron fußfällig nähere und demüthigist um Höchste Unterstützung bitte, damit die hiesige Pfarrkirche zur Abhaltung der Gottesdienste noch vor eintrettender Winterszeit hergestellt werden könnte.

Zu dieser so wie zu all Höchster Gnaden und Hulden ich mich und meine Pfarrsgemeinde unterthänigst gehorsamst empfehle und werden sämmentlich alle Tage für Höchst Dero Wohlstand zum Allmächtigen bethen, auch lebenslänglich in tiefester Ehrfurcht seyn.

Saalfelden am 26. August 1811
Euer Hochfürstlichen Gnaden
unterthänigst gehorsamster
Joseph Mayr m.p.
Dechant

 

Mit freundlichen Floskeln versehen, kam aus Wien das am 27. September verfasste abschlägige Schreiben. Der Hofkaplan und Sekretär Joseph Aloys Hoffmann verwies im Namen seines Herrn, Hieronymus Colloredo, die unglückliche Gemeinde an die väterliche Huld Seiner königlichen Majestät von Baiern, da der Herr Fürst Erzbischof schon seit zwey Jahren aller Einkünfte entbehren müssen und selbst gegenwärtig noch nicht den angenehmen Trost haben, Höchst Ihre wahrhaft traurige Lage verbessert zu sehen!

Bei der Suche nach Mitteln für den Wiederaufbau dachte man auch an ein Darlehen aus der Messenkassa zu Maria Kirchenthal, was aber vom Konsistorium nicht genehmigt wurde.

In der Folge konnte die Pfarrkirche nur notdürftig instand gesetzt werden; im November 1811 war das Dach aufgesetzt. Am 24. März 1812 stürzte um 5.30 Uhr ein Großteil des verbliebenen Gewölbes ein, nachdem man versucht hatte, bei den hintersten zwei Pfeilern Tramlöcher für die neue Empore einzuziehen.

Weil noch der Einsturz der Pfeiler und des restlichen Gewölbes befürchtet wurde, stellte Dechant Mayr mit Schreiben vom 30. März 1813 den Antrag, die alten Pfeiler durch neue ersetzen und ein Schalgewölbe (Schallgewölbe?) einziehen zu dürfen. Das nötige Baumaterial wurde durch den Abbruch der Kirche zum Hl. Geist (Spitalkirche) gewonnen.

Die Geistlichen fanden Unterkunft im Schloss Farmach. Nachdem das Schloss 1821 um 3800 Gulden vom Ärar (Staat) als Pfleggerichtsgebäude erworben worden war, musste endlich die Wiederherstellung des Dechantshofes und der Ökonomiegebäude in Angriff genommen werden. Diese waren ja zehn Jahre nach dem Brand noch immer ein Schutthaufen! Erst 1824 wurden die Ruinen aus Gründen der Sicherheit abgetragen und der Neubau geplant. Die Fertigstellung verzögerte sich allerdings, denn 1829 wird in einem Schreiben des Pfleggerichtes Saalfelden die Fertigstellung des Pfarrhof- und Pfarrkirchenbaues eingemahnt. Reisende haben sich über das ruinöse Aussehen der Pfarrkirche gewundert, so mancher sogar gespöttelt! Erst 1833 wurde dann die Kirche von Erzbischof Augustin Gruber eingeweiht.

Weitere Details zu diesem Brand entnehmen Sie bitte der Chronik Saalfelden, Seite 239 und 269!